Immortal Memory 2014
The Immortal Memory
Der Unterschied zwischen einem schnöden Saufgelage – wenn auch mit gutem Whisky – und einem echten Fest liegt in zweierlei Dingen. Es bedarf eines Anlasses, den es zu feiern lohnt und es bedarf Traditionen, die diesen Anlass würdigen. Der Anlass, wegen dem wir alle heute hier am Rande Uetzes zusammenkommen, ist jedem bekannt. Wir feiern den 255. Geburtstag des großen Poeten Robert Burns. Die Tradition dieser Feier verlangt es, sich seines Lebens und Schaffens an dieser Stelle zu erinnern, damit sein Wirken und seine Werke nie in Vergessenheit geraten. Dies ist ein hehres Ziel, darum lasst uns das Glas erheben auf die Tradition –
Auf die Tradition!
Mit Tradition hielt es Robert Burns selbst aber nicht so. Dies mag auch daran gelegen haben, dass er als mittelloser Poet einen Teil seines Lebens sich diese einfach nicht leisten konnte. Der Zustand der Mittellosigkeit schien aber im Jahre 1786 ein Ende zu haben. Burns hatte seine ersten Werke in Form der „Kilmarnock Edition“ veröffentlicht und er erfuhr von seinem Verleger John Wilson, dass sie bei den wohlhabenden Bürgern in Edinburgh ein großer Erfolg seien. Um sich von diesem Erfolg selbst zu überzeugen und um vielleicht auch weitere Teile seiner Poesie unter das Volk zu bringen, lieh sich Burns von einem Freund ein Pony und brach am 27. November 1786 in Richtung Edinburgh auf. Burns fand eine Unterkunft in der „Old Town“ von Edinburgh, dass zu dieser Zeit auch den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Auld Reekie“ trug, was so viel wie „alte Verräucherte“ hieß. Tausende rauchende Schornsteine, die Ausdünstungen von in den Straßen lebendem Vieh und nicht zu letzt die Notdurft der Einwohner, die zu bestimmten Zeiten am Tage nach einem kurzen Warnruf einfach aus den Nachttöpfen durch das Fenster auf die Straße gekippt werden durfte, sorgten für ein einzigartiges Aroma in den Straßen und den Spitznamen dieser Stadt. Nichts destotrotz war die „Old Town“ der Ort, an dem sich Burns unter gleichen fühlte, darum lasst uns unser Glas erheben auf die Old Town –
Auf die Old Town!
Wer es sich leisten konnte entfloh diesem Treiben und siedelte sich in der „New Town“ an. Hier in den Bibliotheken und Studierzimmern der reichen Oberschicht war Burns schon bald nach seiner Ankunft ein gern gesehener Gast. Er trug seine Poesie vor und Maler standen schlange, um diesen faszinierenden Mann vom Lande zu porträtieren. Bei einer dieser Gelegenheiten traf er auf einen jungen Mann, bei dem er einen bleibenden Eindruck hinterließ. Aus diesem jungen Mann wurde später der berühmte Schriftsteller Walter Scott. Er schrieb über Burns
His eye was of a dark cast and glowed – I say literally glowed – When he spoke with felling or interest. I never saw such another eyes in a human head!
Burns feierte gern und viel und vernachlässigte sein Schaffen sehr in dieser Zeit. Nur ein Gedicht schrieb er in seiner Zeit in Edinburgh und dieses huldigt dem heimlichen Highlight dieser Feier heute Abend.
Fair fa‘ your honest, sonsie face Great chieftain o‘ the puddin‘ race Aboon them a‘ ye tak your place.Jedem hier ist es sicherlich unter dem Namen „Address to a Haggis“ bekannt. Burns schrieb das Gedicht um seinen wohlhabenden Gönnern zu zeigen, dass auch ein solch bescheidenes Mahl für die arme Bevölkerung ein Grund zur Feier war. Aber anstatt diese Belehrung anzunehmen wurde er bedrängt, nicht mehr solche Gedichte zu schreiben und am besten auch in Zukunft seine Poesie in englischer Sprache statt auf Schottisch zu veröffentlichen. Zum Glück gab Robert Burns diesen Drängen nicht nach, sonst hätten wohl viele seiner späteren Werke an Glanz eingebüßt. Darum lasst uns unser Glas erheben auf die schottische Sprache –
Auf die schottische Sprache!
Diese Herablassungen mögen auch ein Grund dafür gewesen sein, dass er von Zeit zu Zeit der Oberschicht entfloh und in der „Old Town“ die Gesellschaft der einfachen Leute suchte. Er war Mitglied in einem „Drinking Club“ der sich selbst „Crochallan Fencibles“ nannte. Es machte ihm Spaß, bei den abendlichen Besäufnissen Spottverse über die High-Society zu dichten, die ihn am Tage aushielt. Leider sind keine dieser Verse überliefert. Im Jahre 1787 wurde sein zweiter Band mit Gedichten veröffentlicht. Von diesem Erfolg beflügelt, wollte Burns nun auch den Rest seiner schottischen Heimat kennenlernen und so endet diese Episode seines Lebens. Es sollten noch viele weitere folgen, die aber zu einer anderen Zeit erzählt werden sollen. Jedes Werk von Robert Burns hat seine eigene kleine Geschichte, die uns selbst heute noch bewegt und fasziniert. Darum lasst uns unser Glas erheben zur Erinnerung an diesen großen Dichter und seine Geschichte.
Auf Robert Burns!