Toast to the Lassies

Burns Supper 2012

Angesichts der vielen Qualitäten, die unsere Frauen auszeichnen, ist es an sich kinderleicht, einen Toast auf sie auszubringen. Doch es ist die Allumfassendheit ihrer Tugenden, die uns in Schwierigkeiten bringt. So bleibt einem Manne denn nichts anderes übrig, als immer nur eine Blüte aus der reichhaltigen Pracht auszuwählen und diese, so er nicht gerade Robert Burns heißt, wenigstens dürftig zu beschreiben.
Ich erinnere mich, dass die Redner letztes Jahr in einer Art Laudatio in einem weiten Bogen ausgeholt haben und in immer enger werdenden Kreisen auf eine zentrale Blüte zusteuerten, welche die formidable Art der Informationsaufnahme und –speicherung, zu der unsere Frauen fähig sind, zum Kern hatte. Wir haben darüber geschmunzelt und uns gefreut und reichlich Whisky zum Anstoßen verbraucht. Seither ist ein Jahr ins Land gegangen und ich musste erkennen, dass wir in weit umfangreicherem Maße Recht hatten, als es zumindest mir damals bewusst war: Meine Frau weiß noch heute die Anzahl der Whiskies, die ich auf ihr Wohl getrunken habe! Und auch sonst weiß sie noch Manches, was mir längst entfallen ist. Zum Beispiel weiß sie, wann ich den Weg
von Ayr, vorbei an der Kirche Alloway, hinweg über den Doon zur Shanter Cottage
bzw.
von Uetze, vorbei an der Kirche Eltze, hinweg über die Fuhse nach Ohof
zurückgelegt habe, und zwar zu Fuß. Wie man den Weg schnörkellos findet, weiß sie zwar nicht, allerdings weiß auch ich dies immer dann, wenn es darauf ankommt, nicht so ganz genau und versuche, mich an den mannigfaltigen Mooren, Bächen, Brüchen, Hecken, durch die es heimzukommen gilt zu orientieren. Mit wechselndem Erfolg.
Der aufmerksame Clansman wird bemerkt haben, dass ich jetzt schon zweimal von Tam O’Shanter Kredit genommen habe. Das ist kein Zufall. Denn auf der geistigen Suche nach der eingangs erwähnten, sozusagen toastbaren Blüte habe ich Rat bei einem wirklichen Frauenkenner gesucht: Tam O’Shanter.
Beim Erklingen dieses Namens verschließt meine Frau reflexartig alle Whisky-Schränke. Aber es ist tatsächlich wahr. Ich zitiere:

Ach, werte Damen, ’s ist ein Jammer,
wie an den Rat in stiller Kammer,
wie an die längsten weisen Lehren
der Frau’n die Männer sich nicht kehren!

Man versteife sich jetzt nicht auf die Aussage, dass sich Männer nicht an der Frauen Lehren halten, sondern beachte vielmehr, welches Mitgefühl in

Ach, werte Damen, ’s ist ein Jammer,

steckt und darüber hinaus die Tatsache, dass Burns bzw. Tam O’Shanter ihre Lehren tatsächlich für weise hält. Daran können wir uns ein Beispiel nehmen. Am Anfang befolgt sie Tam natürlich noch nicht so hundertprozentig. Das will ich einräumen. Sonst hätte Tam ja auch nicht soviel Spaß und Spuk gehabt. Aber zum Schluss ist er geläutert, als der Schwanz ab ist, von der Maggie, und er überlegt:

Ist solche Lust des Preises wert?

Und da habe ich das, worauf ich hinaus wollte: Die weise Voraussicht! Unsere Frauen haben sie – im Gegensatz zu uns, wir haben sie nicht. Tam O’Shanters Kate hatte sie auch, denn:

Sie prophezeite, dass man bald
Dich fänd im Doon ganz steif und kalt,
oder durch der Warlocks Macht,
tot fänd, bei Alloway’s in dunkler Nacht.

Viel hat ja auch nicht gefehlt. Letztendlich hat er es allein Maggie, also irgendwie auch einem weiblichen Wesen, zu verdanken, dass es glimpflicher ausging als von Kate vorausgesehen.
Gehen wir mal in uns, Männer. Wem wurde nicht schon so manche weise Prophezeiung aus dem Munde der uns Angetrauten zuteil.
„Bernd, wenn du jetzt nicht mitkommst, fahre ich alleine und du musst laufen!“ – Und zack – ich bin gelaufen – meine Frau ist allerdings noch geblieben.
oder
„Colin, wenn du jetzt nicht mitkommst, hast du heute nichts zu essen!“ Und Colin hatte heute tatsächlich nichts zu essen. Er ist aber auch erst morgen gekommen.
oder
„Jürgen, wenn du jetzt weiter trinkst, schläfst du ein!“ Und Jürgen schlief tatsächlich, nur hat er es nicht mehr gehört.
Was also ist zu tun? Ganz einfach: Wir sollten auf die weisen Lehren hören! Dann sind wir in sicherer Obhut. Auch Tam O’Shanter hätte sich die ganze Aufregung und den Spuk sparen können, wenn er auf Kate gehört hätte. Die Ballade würde sich zudem auch noch vereinfachen und es bedürfte auch nicht eines Robert Burns, um sie zu schreiben. Wenn ich sie schriebe, würde sie so klingen:

Wenn Händler aus den Gassen schwinden,
und all die Nachbarn Ruhe finden;
ein langer Markttag ist beendet,
Derweil das Volk sich heimwärts wendet.
Indessen sitzen wir beim Tee,
gemütlich auf dem Kanapee,
hörn weisen Rat und nicken brav,
bis uns umfängt ein süßer Schlaf.
Ist solche Lust des Preises wert?
Dann reit ich lieber Tammies Pferd.
Nun ja, mich dem wahren Robert Burns zuwendend, möchte ich an dieser Stelle einfügen:
Doch meine Muse sei gezügelt,
Denn über’s Maß ward sie beflügelt…

und unseren Lassies rufe ich zu:

Old Uetze! Es hat kein zweites Städtchen,
so wack’re Männer, schöne Mädchen.
Mit Whisky tilgen wir die Zweifel,
die Frau im Haus verscheucht den Teufel!
Gentlemen! Be up, on your feet and join me in a Toast to the Lassies!

To the Lassies!