Toast to the Lassies

Bernd Horlbeck, Burns Supper 2023

Dear Lasses,

ach, wie gut es sich doch anfühlt, heute, nach zwei Jahren gesellschaftlicher Abstinenz wieder hierzustehen und eben diese Worte in das gut gefüllte Auditorium schweben lassen zu können! Die alte Weisheit, erst etwas entbehren zu müssen, um wirklich zu begreifen, wie sehr man es braucht, scheint sich zu bestätigen. Und an dieser Stelle reisst mich der Strom des Lebens auch schon wieder in seinen Bann und in einen Toasts auf unsere Lasses:

Möge keiner die Unentbehrlichkeit unserer Lasses auf die Probe stellen wollen! Wenn wir uns auch manchmal grob und unverständig zeigen, zumindest Eines – Dieses haben wir begriffen:

Wir brauchen und lieben euch!

To our lasses!

Wir haben das Glück, dass sich unsere Lasses ständig um unser Wohlergehen sorgen und wir somit der zweifelhaften Ratschläge eines Doctor Hornbook nicht bedürfen – ja sie auch gar nicht wollen. Ganz im Gegensatz zu den Ratschlägen unserer Frauen. Diese saugen wir förmlich in uns auf – Nur bitte – kurz und präzise!

Wie sagt Rabbie Burns doch im Tam O’ Shanter:

                Ach werte Damen `s ist ein Jammer,
                wie an den Rat in stiller Kammer,
                wie an die längsten, weisen Lehren
                der Frau‘n, die Männer sich nicht kehren.

Was meint er damit? In diesen vier Zeilen fasst Rabbie Burns kurz, prägnant und treffend, den Schrecken eines Mannes schlechthin zusammen. Der Schwerpunkt liegt in der dritten Zeile

„die längsten, weisen Lehren“.

Bei dem Wort längsten stellt sich mir unwillkürlich das Nackenhaar auf. Wir Männer mögen eben nicht unbedingt den Aufenthalt in einer stillen Kammer, um uns dort die weisen Ratschläge anzuhören. Und mit den überaus langen Lehren kulminiert die Katastrophe. Wir mögen es lieber kurz und bündig. Vom psychologischen Gesichtspunkt aus gesehen, macht ihr da etwas falsch, völlig falsch.

Schon mit der stillen Kammer geht es los. Man muss sich das vorstellen. Eingepfercht in eine stille Kammer, ringsum Bretter, Bretter, Bretter und zunächst – Stille … Wir beginnen, uns, weil nichts anderes da ist,  gedanklich unseren Träumen und Plänen zuzuwenden – aber dann – die Tür wird aufgerissen und – wie bei der Olsenbande – steht plötzlich Yvonne vor uns und sprudelt auch sofort los: „Also Egon, so geht das nicht, usw. usw. …“ kein Komma, keine Pause, kein Punkt … Was denkt da ein Mann – gar nichts meint ihr? – Oh doch, er denkt: „Wann hört das endlich auf?“ Die wahre Weisheit eurer Lehren erschließt sich uns so nicht.

Es genügt eben nicht, dass eine nicht zu bezweifelnde Weisheit in den Lehren begraben liegt. Sie muss für den Mann auch sichtbar sein oder mit anderen Worten zum Empfänger herübergebracht werden. Der Mann braucht hierfür zwei Dinge, Ziel und Methode. Das Ziel, welches Katie ihrem Manne übermitteln will, haben wir erkannt:

  1. Kontrollierte Fortbewegung (statt des Fallens in ein fließendes Gewässer) und
  2. nicht oder nur in Begleitung unserer Lassies solch zweifelhafte Etablissements (wie die Kirche Alloway) aufsuchen.

Damit kommen wir zum zweiten Punkt, der Methode, dieses Ziel zu erreichen. Ich würde sagen,

  • im Falle 1: Einfach Schwimmen lernen und
  • im Falle 2: schon mal einen Plan für den Weg durch mosses, waters, slaps and styles zurechtlegen.

Wir wissen nicht, was Kate da so erzählt hat, aber es war entweder nicht einleuchtend oder zu langatmig. Ich vermute Letzteres, denn wir kennen ja die Eigenheit unserer lieben Lassies, Informationen für Männerohren etwas weitschweifig zu transportieren. Womit wir beim Kernpunkt des Dilemmas angekommen wären, der Informationsextraktion oder Beweisführung.

Frauen sind, im Gegensatz zum deduktiv argumentierenden Lad, im Allgemeinen in die Induktion regelrecht verliebt. Sie verwenden also den Einzelfall oder Einzelfälle, damit es auch hinreichend lang wird, mithin also Beispiele, um sie hernach ohne Beweis und andere notwendige Voraussetzungen in Allgemeinheit zu überführen.

Ein Beispiel. Der Einzelfall ist, dass ich bei Jürgen ein paar Bier getrunken habe. Das fällt in ihrem Kontext unter Trinken von Alkohol. Nach Stunden allumfassenden Ideenaustauschs mit Jürgen und stetig zunehmenden Frohsinns fiel ich bei der Ankunft zu Hause über den Gartenzaun. Also ein absoluter Einzelfall.

Was versucht nun meine Lass mir auf ihrem induktiven Wege zu vermitteln?

Wenn der Mann Alkohol trinkt, fällt er über den Gartenzaun.

Das ist, wie jeder Mann sofort erkennen wird, eine völlig unhaltbare Hypothese. Sie lässt die Tatsache völlig unberücksichtigt, dass hier im Einzelfall eine Vielzahl von ereignisbestimmenden Faktoren im Spiel waren, wie

  • meine durch den abrupt unterbrochenen Ideenaustausch abgelenkte Aufmerksamkeit auf profane Sachen und Hindernisse,
  • meine durch vorheriges Radsport-Training äußerst beanspruchte Muskulatur,
  • den vorangegangenen zeitweiligen Verlust meiner Brille,
  • das schlechte Licht beim Betreten des Grundstücks usw.

Hinzu kommt, dass sowohl ich als auch viele weitere Männer bereits Alkohol inkorporiert haben, ohne über einen Gartenzaun zu fallen.

Lassies, wir lieben euch, aber es geht nicht, nicht auf diese Weise. Eine Theorie lässt sich durch zahllose Einzelbeispiele nicht beweisen, durch ein einziges Gegenbeispiel aber widerlegen.

Ja, wieso fallen aber der Lassies Lehren dann so überaus lang aus? – Die mehrmalige detailgetreue Wiederholung!

Wenn die Lassie eine Landschaft beschreibt, so schwärmt sie ggf. von duftenden roten und gelben Blumen, grünen Gräsern, dichten Büschen, laubreichen Bäumen … Und für alle Einzelheiten hat sie auch noch einen extra Satz. Hat sie die lilafarbenen Blüten vergessen, so wird das in einem extra Satz, sonst gleichen Inhalts nachgeholt. Der Mann fasst zusammen: Beeindruckende Vegetation. Oder er kürzt die Antwort ab mit einem schlichten „Ja“, die Schotten mit „Aye“. Doch Vorsicht! Fassen wir zu früh zusammen, so bekommen wir sofort zurück „Du hörst mir überhaupt nicht zu!“, tun wir es zu spät, führt das zum gleichen Ergebnis.

Stattdessen mögen wir lieber den Platz am Kaminfeuer, bei schaum’gen Bier und uns zur Seite ein Clansmen, der gerade keine langen Lehren auf Lager hat und eher manche Story krachen lässt. So schlagen Tam und auch alle übrigen Männer sämtliche Übel dieser Welt aus dem Felde und wenn sich die Sorgen nicht selbst im Bier ersäufen, dann tun wir das, ohne Worte.

So sind wir, insgesamt gesehen, durchaus nützlich, reden zwar nicht viel und hocken auch nicht in der Kneipe herum, sondern sind dynamisch und ständig unterwegs zwischen Whiskyschrank, Tresen, Clansmen Lounge und WC und das völlig aufrecht – bis auf wenige Ausnahmen.

Daher werden die Whiskyflaschen wohl auch weiterhin von Männern etikettiert werden müssen und es steht darauf: „Drink responsibly!“ Würden wir die Beschriftung Frauen überlassen, hätten wir nur noch 5 L-Flaschen, damit zumindest das Wesentlichste d’raufpasst und letztlich würde es hinauslaufen auf „Trink nicht so viel!“, und meine Lassie würde stattdessen zu mir sagen: „Trink lieber nichts mehr, aber für mich geht noch einer!“ und ich würde einschenken – ihr und mir und Euch allen – und sagen:

Gentlemen, be on your feet and join me in the toast

To our dearest Lassies!